Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP)
Die Katathym Imaginative Psychotherapie ist ein 1954 von Prof. Dr. Hanscarl Leuner begründetes und seitdem stetig weiter entwickeltes tiefenpsychologisch fundiertes Psychotherapieverfahren.
Das griechische Wort "katathym" bedeutet "den Gefühlen gemäß". Der Name weist darauf hin, daß die im Zentrum der Katathym Imaginativen Psychotherapie stehenden Vorstellungen (Imaginationen) durch individuelle, emotionale Prozesse angeregt und gesteuert werden. In tagtraumartig vorgestellten Szenen stellen sich Gefühle, Einstellungen und Überzeugungen sowie Verhaltensgewohnheiten und Beziehungskonflikte symbolisch dar und können dadurch bewusst gemacht und bearbeitet werden. Die KIP verfügt über ein breitgefächertes Methodenrepertoire zum therapeutischen Umgang mit Imaginationen, insbesondere zur Bearbeitung von Konflikten und zur Mobilisierung innerer Kraftquellen (Ressourcen).
Praktisches Vorgehen
In der Praxis stellt sich das Verfahren wie folgt dar: Nach einer kurzen Entspannung („Bodyscan“) und inneren Ausrichtung schlägt der Therapeut dem / der Klient*in ein Motiv vor, das sich von seiner Symbolik her eignet, die zur Bearbeitung anstehenden Themen imaginativ zum Ausdruck zu bringen. Der Klient beschreibt, was sich vor seinem inneren Auge entwickelt, das Bild verdichtet sich dabei nach und nach. Der Therapeut oder die Therapeutin begleitet den Klienten in ständigem Dialog, regt ihn zu genauerem Hinschauen an, unterstützt ihn bei Konfrontationen und ermutigt ihn, neue Verhaltensmöglichkeiten und Beziehungserfahrungen zu erproben.
Nach der Therapiestunde kann der Klient sich das Imaginierte zu Hause durch Malen der Szene noch einmal vergegenwärtigen und weiter bearbeiten. Der durch die Phantasiereise angeregte innere Prozess wird dadurch auch zwischen den Therapiestunden fortgesetzt.
In den nächsten Therapiestunden wird dann das in der Imagination Erlebte mit aktuellen Einfällen angereichert und mit Episoden der Lebensgeschichte verknüpft. Auch werden die Erfahrungen daraufhin überprüft, wie weit sie sich als neue Verhaltensmöglichkeiten für den Alltag eignen.
Anwendungsbereiche
Neben der Behandlung neurotischer Störungen hat sich das Spektrum der Indikationen im Zuge der Weiterentwicklung der Methode auf weitere psychische Erkrankungen (Persönlichkeitsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen etc.) erweitert. In der Einzeltherapie eignen sich Imaginationen für die gezielte Bearbeitung eines unbewussten inneren Konfliktes. In einer Krisenintervention, bei einer Kurzzeittherapie oder bei „strukturellen Ich-Störungen“, z.B. Borderline-Störungen, eignet sich dieser imaginative Ansatz für die Ausdifferenzierung und Einübung von sog. „Ich-Funktionen“.
Für psychosomatische Erkrankungen und in der Psychoonkologie hält das Verfahren schonende und effektive Behandlungsansätze bereit. Auch für die Traumatherapie liegt ein differenziertes, die eigenen Stärken mobilisierendes Behandlungsprogramm vor. Für die Paartherapie und für die Gruppentherapie sowie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen wurden ebenfalls zusammenhängende Behandlungskonzepte entwickelt.
Bewertung
Das KIP ist ein wissenschaftlich evaluiertes, effektives, tiefenpsychologisches Verfahren, dass in besonderer Weise geeignet ist die kreativen Selbstheilungsprozesse im Menschen zu aktivieren. Wenn nach S. Freud der „Königsweg ins Unbewusste“ der Traum ist, dann ist dieses Verfahren besonders dazu geeignet diesen Weg zu nutzen und zu beschreiten, da der Therapeut quasi „live“ bei dem (Tag-)Traumprozess dabei ist. Ausserdem gibt es in analytischen Verfahren immer wieder das Problem, das Patient*innen sich nicht an Träume erinnern, was so unterlaufen werden kann.
In der Psychotherapieforschung hat Klaus Grawe (2000) fünf Wirkfaktoren in der Psychotherapie herausgearbeitet:
- Die therapeutische Beziehung,
- Problemaktualisierung,
- Ressourcenaktivierung,
- Problembewältigung und
- Motivationale Klärung.
Die KIP ist in besonderer Weise dazu geeignet diese Wirkfaktoren zu nutzen und kann dadurch klassisch analytische, verhaltenstherapeutische und systemische Therapieansätze gleichsinnig nutzen.
Auch zur Förderung kreativer Prozesse, z. B. zur Auflösung von Schreibblockaden, haben sich Imaginationen bewährt. Beim Coaching und in Supervisionen eröffnen sie Zugänge zu unbewussten Triebfedern und neuen Sichtweisen
(Text modifiziert nach Informationen der AGKB e.V./ K. Prause)